Aktuell (Archiv 2014-Q1)
14.03.2014 :: Perspektivwechsel: Gelingendes Leben
Wenn man eine Sozialphobie-Selbsthilfegruppe ist, ist man schnell dabei, das Thema Sozialphobie in den Mittelpunkt zu stellen. Ist ja logisch. Und dann kann man in allen Facetten seine Sozialphobie kennenlernen und etwas gegen diese Probleme tun. In vielen Fällen ist das ja auch ein sinnvoller Ansatz.
Es gibt aber noch einen anderen Ansatz. Ich spüre in letzter Zeit wieder stärker, dass jeder Mensch irgendwelche zentralen Lebensthemen hat, die ihn daran hindern, ein gelingendes Leben zu führen.
Ich meine damit ein Leben, bei dem man eine gewisse Zufriedenheit hat. Ein Leben, wo man für seine Ideen und Werte lebt, wo man sich irgendwie verwirklichen kann. Ein Leben, was immer wieder Freude macht und was genug Lebendigkeit enthält. Ein Leben, was eben nicht nur Angst, Stress und Sorgen bedeutet. Ein Leben, in dem man für sich und für andere genügend Freude entwickeln kann und das miteinander genießt.
Mir erscheint dieser Ansatz dann sinnvoller: Sich nicht mit einer Diagnose zu beschäftigen, sondern seinen Fokus dahin zu richten, was mich davon abhält, ein gelingendes Leben zu leben. Was ist es genau? Was fehlt mir, was kann ich im Moment noch nicht leben? Wo spüre ich einen Mangel? Um dann zu schauen, wie das besser gelingen kann.
Wenn man sich nur mit Sozialphobie beschäftigt, besteht die Gefahr, dass man zu einseitig guckt. Denn wir sind ja vor allem Menschen mit all unserer Vielfältigkeit. Das ist ja ein Irrtum zu glauben, wir hätten da einen großen Klotz am Bein, der sich Sozialphobie nennt. Und wenn der erstmal weg ist, dann wird alles gut.
Gut wird es dann, wenn wir unser ganzes Leben in all seiner Komplexität verstehen lernen und immer wieder an den richtigen Stellschrauben drehen. Das kann mal eine typisch sozialphobische Problematik sein, das kann aber auch etwas ganz anderes sein.
Diese Fähigkeit, gut für ein gelingendes Leben zu sorgen, erscheint mir sehr wertvoll. Wenn wir das in Selbsthilfegruppen lernen, dann sind wir besser für das Leben gerüstet. Egal mit welchen Erfahrungen und Aufgaben wir im Leben konfrontiert werden, wir haben gelernt, dem Leben besser zu begegnen und wir können uns immer wieder Wege erarbeiten, wie wir aus schwierigen Situationen herauskommen. Wir sind nicht nur Experten für Sozialphobie. Wir sind Lebenskünstler geworden.
-- Fred
05.03.2014 :: Patient-Therapeut Kontakt reicht nicht
Psychotherapie ist eine wertvolle Möglichkeit, an seinen Schwierigkeiten und Einschränkungen zu arbeiten. Eigentlich etwas ganz Besonderes, weil auch sehr kostspielig. Wer schonmal privat eine Psychotherapie bezahlt hat, weiß das.
Doch irgendwann ist gerade bei Sozialphobie ein Punkt gekommen, wo es vor allem Erfahrungsräume im Kontakt mit anderen Menschen braucht. Nicht mehr in der Patient-Therapeut-Beziehung, sondern zwischenmenschliche Beziehungen auf gleicher Ebene.
Hier bieten sich dann zwei Möglichkeiten an: Wer noch therapeutische Unterstützung und Führung braucht, nutzt Gruppentherapie-Angebote. Hier erlebt man sich auch schon stärker im Kontakt mit anderen Menschen auf gleicher Ebene. Aber hier ist auch noch ein Therapeut anwesend, der Gruppenprozesse fördern und leiten kann.
Die zweite Alternative sind Selbsthilfegruppen. Hier gibt es auch unterschiedlichste Formen des In-Kontakt-Gehens mit anderen Menschen. Das ist ein weites Feld, in dem man sich ausprobieren kann. Hier kann man auch in unterschiedliche Rollen schlüpfen: Man kann in einer Gruppe zuhören, kann über sich erzählen, kann die Moderation einer Gruppe oder eines Angebots übernehmen, kann etwas organisieren oder sich im Hintergrund einbringen, damit die vielfältigen Angebote ermöglicht werden. Neben den vordergründigen Ergebnissen solchen Engagements ist es auch immer Übungsfeld, um seine sozialen Fähigkeiten zu entwickeln.
Es ist auch völlig logisch, dass man hier Übung braucht. Wenn man über viele Jahre bestimmte Rollen nicht ausgefüllt hat oder lange zurückgezogen gelebt hat, dann ist man in vielen Dingen nicht geübt. Oder man kennt bestimmte Rollen gar nicht, weil man sie aus Angst noch nie ausgefüllt hat. In Selbsthilfegruppen besteht die Möglichkeit, hier in ein Erfahrungsfeld hineinzugehen und sich auszuprobieren. Es lohnt sich, hier mutig zu sein, und etwas auszuprobieren, was man vielleicht noch nie gemacht hat.
Überhaupt sind Gruppenangebote eine gute Möglichkeit, zu wachsen und sich zu entwickeln. Das kann ein Volkshochschulkurs sein, aber auch die Arbeit in einem Team. Ob das nun bezahlte Arbeit ist oder Ehrenamt, spielt für die persönliche Entwicklung gar nicht so die Rolle. Es geht mehr um die Beziehungen, in denen man auf diese Weise lebt und die man gestaltet.
-- Fred
23.02.2014 :: Neue Sozialphobie-Selbsthilfegruppe in Aachen
In Aachen hat sich eine Selbsthilfegruppe für Soziale Phobien gegründet. Mehr dazu findet ihr hier:
22.02.2014 :: Selbstwahrnehmung - Fluch und Segen
Manchmal wundert man sich ja, wie viele Menschen ganz offensichtliche Schwächen und schwierige Angewohnheiten bei sich überhaupt nicht wahrnehmen. Und wie sie dadurch eine völlig verzerrte Sicht auf sich selbst haben.
Ein schönes Beispiel für die Auswirkungen unrealer Selbstbilder lässt sich seit Jahren in der Fernsehsendung "Deutschland sucht den Superstar (DSDS)" beobachten. Menschen, die fest davon überzeugt sind, wahre Gesangskünstler zu sein, die dann aber so grottenschlecht singen, dass man nur noch verblüfft staunen kann über diese Fähigkeit der unrealistischen Selbsteinschätzung. Haben die sich jemals selbst mal singen gehört und sich da mal hineingefühlt, ob das schön ist oder zumindest irgendwelchen Anforderungen genügt? Ich kann das manchmal gar nicht glauben und vielleicht ist ja auch einiges davon einfach nur Fake. Aber es wird sie auch immer wieder geben, Menschen die einfach meilenweit davon entfernt sind, ein realistisches Selbstbild von sich zu entwickeln.
Natürlich trägt das Umfeld auch viel dazu bei, in dem ich mich bewege. Entweder lobt es mich in höchsten Tönen, egal was ich fabriziere. Oder es macht sich grundsätzlich über mich lustig, egal was ich tue. Beides sorgt dafür, dass ich kein Feedback bekomme, was mir reale Hinweise darauf geben kann, wie ich wirke. Und es verhindert, meine wahren Fähigkeiten zu entwickeln und zu verfeinern. Es gibt nichts im Außen, was mir gute Orientierung gibt.
Es gibt den Effekt, dass wir uns unserer Selbst deshalb nicht bewusst werden, weil es das Gewohnte ist. Das Gewohnte fällt am wenigsten auf. Und auch unseren Freunden fällt es nicht mehr auf. Das ist ein Effekt, den ich auch in unseren Selbsthilfegruppen erlebe: Wenn jemand Neues in die Gruppe kommt, fallen einem bestimmte Eigenheiten stärker auf. Wenn einem derjenige aber durch regelmäßigen Kontakt vertraut ist, dann fällt das alles nicht mehr auf. Dann ist es zum Selbstverständlichen geworden. Nicht immer ist das günstig, weil dann das Feedback dazu ausbleibt. Vielleicht würde dieses Feedback einem aber helfen. Vielleicht ist es eine Angewohnheit, die immer wieder dazu führt, dass Kontakte nur schwer gelingen. Ein einfaches Beispiel wäre eine zu leise Stimme oder eine undeutliche Aussprache.
Da sind wir aber jetzt bei einem ganz großen Problem. Warum sagen wir uns so selten auch mal vermeintlich unangenehme Sachen? Weil wir alle auch verletzlich und kränkbar sind. Und bei Sozialphobie trifft man oft auf ganz ungünstige Voraussetzungen, mit so etwas umzugehen: Da gibt es bereits ein wackeliges, verletztes und gekränktes Selbst. Da gibt es ganz schnell den Selbstzweifel, die Selbstverurteilung und die Selbstablehnung. Aus dieser Sicht hat man das Gefühl, man darf sich eigentlich gar nichts mehr zumuten, was irgendwie am Ego kratzen könnte.
Und das ist das große Dilemma mit der Selbstwahrnehmung und dem Feedback. Wer ein verletztes Selbst hat, schützt sich oft dadurch, in dem er sich selbst möglichst nicht mehr wahrnimmt und reflektiert. Und in dem er möglichst kein Feedback mehr wirklich an sich heranlässt. Denn all das würde schmerzen. Auf der anderen Seite brauchen wir aber auch das regelmäßige neue Einjustieren und Abstimmen auf die Umwelt, in der wir leben. Es braucht eigentlich dieses Sensorium, zu spüren, wie ich wirke und wie ich mich an Gegebenheiten anpasse. Manchmal muss man im Leben ja selbst verrückte Dinge tun, um als normal zu gelten ;-)
Was wir bräuchten, wäre eine wohlwollende Selbstwahrnehmung. Was wir oft haben, ist eine kalte, überkritische und abwertende Selbstkritik. Und die führt zu viel Schmerz und verhindert eine konstruktive Auseinandersetzung mit sich selbst.
Insofern erscheint mir dieser Weg so unglaublich wichtig: Eine liebevolle Grundhaltung zu sich zu entwickeln. Ein herzlicher Umgang mit sich und mit anderen. Im Grunde ist das Eine vom Anderen nicht zu trennen: Wenn wir üben, mit anderen wohlwollend umzugehen, dann wird es uns auch besser mit uns selbst gelingen.
Den starken inneren Kritiker werden wir in der Regel nicht los, in dem wir nun gegen diesen in den Krieg ziehen. Daran sind schon viele gescheitert. Zahlreiche moderne achtsamkeitsbasierte Methoden laden eher dazu ein, auch eine wohlwollende und annehmende Haltung dem inneren Kritiker gegenüber zu entwickeln. Also auch hier eine warmherzige Beziehung zu pflegen. Das ist nicht einfach, manche würden sogar sagen, dass ist doch total verrückt, sowas zu tun. Doch wir können nicht wirklich Persönlichkeitsanteile von uns rauswerfen oder bekämpfen. Das scheint zumindest die Quintessenz vieler Therapieformen zu sein, die sich intensiv mit solchen innerpsychischen Prozessen auseinandergesetzt haben. Wir können aber einen guten Umgang finden, der uns irgendwann kaum noch belasten wird. Und manches löst sich auch auf. Ein innerer Krieg hingegen führt schnell zu Unterdrückung, Verleugnung und Abspaltung, was keine wirkliche Lösung ist, viel Kraft kostet und psychisch deformiert.
Sowas können wir ja auch im Außen beobachten: In Institutionen, die starke moralische Grundsätze pflegen, gedeiht das Unheil gerne im Dunkeln. Es wird zwar verleugnet und abgespalten, führt aber ein unreflektiertes Eigenleben in den Schlupfwinkeln des Systems und führt so oft zu noch mehr Unheil. Und auch durch Kriege haben wir nur selten etwas befriedet und Menschen zu einem Umdenken bewegt.
Wenn wir lernen, eine liebevolle Grundhaltung uns gegenüber zu kultivieren, dann wird vieles möglich. Dann können wir uns wieder besser wahrnehmen, auch mit unseren Einschränkungen. Und dann können sich viele Probleme lösen, einfach weil unsere Selbstregulation wieder funktioniert. Wir erkennen, wir erspüren das Gute oder Sinnvolle und wir bemühen uns wieder, dementsprechend zu handeln. Anstatt uns anzugreifen, suchen wir nach Lösungen, wie etwas werden und sich entwickeln kann. Wir fördern und unterstützen uns, anstatt auf uns herumzutrampeln.
In Selbsthilfegruppen ist es immer wieder eine große Herausforderung, wie man gemeinsam auch mit Kritik und unangenehmem Feedback umgeht. Zu was wird es führen? Ist der andere schon fähig, es konstruktiv zu verarbeiten? Oder wird er nur gekränkt sein und sich selbst angreifen? Wird er sich öffnen und verändern oder wird er sich noch mehr in sich zurückziehen? Beides ist gut vorstellbar und gut nachvollziehbar. Es gibt kein Patentrezept, damit umzugehen. Auch hier hilft aber die Sensibilität, das Wohlwollen und die Achtsamkeit auf das, was gerade passiert.
-- Fred
19.02.2014 :: Stimmtraining
Soziale Ängste beeinflussen die Stimme auf zahlreiche Weise. Durch eine grundsätzlich zurückhaltende Art kann sich eine leise und kraftlose Stimme ausgeprägt haben. Denn Stimme spiegelt immer auch wider, wie man sich in Beziehungen fühlt. Empfindet man sich als unbedeutend und klein, ist auch die Stimme eher leise und zurückhaltend. Stimme vermittelt immer innere Stimmung. Es kann aber auch sein, dass man in der Erziehung Botschaften bekommen hat, nicht zu laut zu reden und sich nicht zu sehr in den Vordergrund zu drängen.
Angst wirkt aber auch direkt körperlich auf unsere Stimme. Sie kann dafür sorgen, dass die Atmung flach wird und so kein Stimmvolumen mehr zu Stande kommt. Sie kann auf die Muskeln wirken, die für die Modulation der Stimme zuständig sind. So wird es dann schwierig, überhaupt noch zu sprechen. Oder man muss sich häufig räuspern und wird schnell heiser.
Angst kann auch bewirken, dass unser Sprachzentrum gestört wird. Dann fallen uns die Wörter nicht mehr ein, wir können Gedanken im Kopf nicht mehr vorformulieren oder vergessen den roten Faden. Das erhöht wiederum die Sprechängste, weil man nun Sorge hat, das einem nichts mehr einfällt, wenn man erstmal anfängt zu reden.
Auch können die Muskeln durch Angst ins Zittern geraten und damit wirkt dann auch die Stimme zittrig. Auch davor können sich Ängste entwickeln, weil man es peinlich findet, wenn andere erkennen, dass man Angst hat.
Stimme ist etwas, was uns tagtäglich begleitet. So gewöhnen wir uns an die Art, wie wir sprechen. Damit fällt es uns auch gar nicht mehr auf, wie wir sprechen und ob wir damit auch Menschen so erreichen, wie wir es wollen.
Von daher kann es sehr hilfreich sein, sich mal bewusster mit der eigenen Stimme zu beschäftigen. Da gibt es nämlich vielfach einen Bereich, den man direkt und ohne größere Probleme verändern kann. Wir haben ihn bisher nur nicht verändert, weil wir uns gar nicht darüber bewusst waren. Oder wir waren uns nicht darüber bewusst, wie nachteilig sich bestimmte Stimmangewohnheiten auf die zwischenmenschlichen Beziehungen auswirken.
Das Blöde daran ist nämlich, dass wir gesellschaftliche Umgangsformen haben, wo man nur sehr selten mal direktes Feedback bekommt. Anstatt das einem jemand sagt, dass man zu leise spricht, wendet man sich recht bald desinteressiert ab. Man macht dann immer wieder die Erfahrung, dass sich die Menschen für einen nicht interessieren und den Kontakt zu einem abbrechen. Dies wirkt sich wieder negativ auf das Selbstwertgefühl aus. Doch den eigentlichen Grund kennt man nicht, man erkennt nicht, dass vielleicht die zu leise Stimme daran schuld ist. Es ist nämlich sehr anstrengend, jemandem zuzuhören, der zu leise spricht. Und wenn man dann nur die Hälfte mitbekommt, dann entsteht Ärger oder Unlust. Auch möchte man nicht zu oft nochmal nachfragen. So nimmt das Unglück seinen Lauf...
In Selbsthilfegruppen können wir einen ehrlichen Umgang pflegen, uns also zu sagen, wenn wir jemand anderen akustisch nur schwer verstehen können. Auch wenn es dazu einen gewissen Mut braucht und dies auch mal kränken kann: Dieser ehrliche Umgang bringt die große Chance, dass wir endlich mal erkennen können, warum manche Dinge schief laufen. Hier einfach nur nett miteinander umzugehen sorgt dafür, dass wir unsere Einschränkungen und ungünstigen Angewohnheiten nicht verändern.
Es gibt also den Bereich, den man recht gut durcharbeiten kann, einfach dadurch, dass man sich dieser Einschränkung bewusst wird und dann seine Angewohnheiten verändert. Natürlich wird es sich erstmal ganz komisch anfühlen, z.B. lauter oder deutlicher zu sprechen. Es ist völlig normal, dass sich alles Ungewohnte auch unnatürlich anfühlt. Bis es Gewohnheit geworden ist. Es ist anfangs nicht einfach, auseinanderzuhalten, was wirklich unnatürlich ist und was einfach nur ungewohnt ist. Aber auch hier hilft einem das ehrliche Feedback anderer Gruppenmitglieder. Gut ist auch, die anderen in seine Veränderungswünsche einzuweihen, damit sie auch bewusster darauf achten und Unterstützung geben können.
Und dann ist man irgendwann an dem Bereich, der nur schwer zu verändern ist. Wenn Angst in einem aufsteigt, werden automatisch Muskeln angespannt und dann schnürt es einem vielleicht die Stimme ab. Oder Gedanken fließen nicht mehr. Und man fühlt sich so ohnmächtig, dagegen etwas zu tun.
Aber auch hier gibt es langfristig vieles, was man dazulernen kann. Man kann lernen, auch in großer Anspannung sprechfähig zu bleiben. Und man kann viele Tricks lernen, mit schwierigen Situationen umzugehen. Man kann auch Entspannungs- und Atemtechniken lernen, die einem helfen, die Anspannung wieder aus dem Körper zu bekommen. Man kann lernen, was man selber zur erhöhten Anspannung beiträgt, z.B. zu hohe Erwartungen an sich selbst. Und hier lässt sich dann auch wieder etwas ändern, durch neue Sichtweisen und einen neuen Umgang mit sich selbst.
In diesem Bereich ist es oft sinnvoll, sich auch professionelle Hilfe zu holen. Psychotherapeuten können einem dabei helfen, aber das ist nicht alles. Denn Psychotherapeuten sind keine Experten, was die Stimme angeht. Dafür gibt es Stimmtrainer. Stimmtrainer wiederum fokussieren mitunter stark auf die Entwicklung von Fähigkeiten für eine gute Stimme, ohne den Aspekt Angst genügend zu berücksichtigen. Es kann ja sein, dass man eigentlich sehr gut sprechen kann, wenn man entspannt ist. Aber wenn die Ängste da sind, dann geht kaum noch was. Hier wäre es also wichtig, einen Stimmtrainer zu haben, der sich im Bereich Lampenfieber gut auskennt und dies genügend mit berücksichtigt. Denn viele professionelle Sprecher haben die selben Ängste, wenn sie im Rampenlicht stehen. Es sind die selben Ängste, die sozialphobische Menschen tagtäglich in normalen Alltagssituationen erleben. Und auch hierfür gibt es Methoden, damit einen Umgang zu finden.
Leider werden Stimmtrainer nicht durch Krankenkassen bezahlt, obwohl der Nutzen mitunter sehr hoch sein kann. Erst dann, wenn man Sprachstörungen hat, die als krankhaft gelten, gibt es die Logopäden, die man dann auch kassenfinanziert bekommt. Bei sozialen Ängsten ist es aber eher untypisch, dass man solche Einschränkungen hat, die offiziell als krankhaft gelten. Es bleibt derzeit also nur, Stimmtraining selber zu finanzieren.
Im Bereich Stimme lässt sich aber auch viel in der Selbsthilfearbeit machen. Es gibt wunderbare Bücher, die in diese Thematik einführen. Viel hilft es auch, die eigene Stimme aufzunehmen und sie sich selber anzuhören. Hierfür gibt es preiswerte Diktierer und jedes Smartpone beherrscht es auch. Auch die meisten Computer sind in der Lage, Sprache aufzunehmen.
Anfangs mag das stark mit unangenehmen Gefühlen belastet sein. Man hört sich dann nur sehr ungern reden. Aber über diese unangenehmen Gefühle kann man hinauswachsen und dann wird es interessant, weil man hierüber erkennt, wie man spricht und wie man damit wirkt. Man hat sozusagen ein direktes Feedback. Nicht selten ist es sogar so, dass man eine negativere Vorstellung von sich hat und dann positiv überrascht ist, wie man klingt. Diese Erfahrung haben wir in unserer Vortrags-Projektgruppe gemacht, wo wir Vorträge auch immer mal wieder mitschneiden.
Die Entdeckung und Entwicklung der eigenen Stimme kann ein spannendes Experimentierfeld sein. Ich wünsche euch, dass ihr euren Spaß daran entdeckt. Spaß, Neugier und Freude an etwas ist die schönste Motivation für die persönliche Entwicklung.
-- Fred
30.01.2014 :: Vom Problem zur Aufgabe
Wenn ich Menschen beobachte, wie sie ihre Probleme lösen, dann kann ich oft einen Wandel erkennen. Zuerst ist das Problem da und es fühlt sich schwer an und man will es nicht. Man will, dass das Problem weg ist, am besten, ohne etwas dafür tun zu müssen. Das Problem wird als lästig erlebt, dessen man sich möglichst schnell entledigen will.
Natürlich lassen sich manche Probleme durch Aussitzen lösen. Wenn es so ist, wunderbar. Aber die meisten Probleme sind nicht so. Man wird vielmehr irgendwann spüren, dass das Problem sich durch Aussitzen nicht löst. Vor allem dann nicht, wenn das Problem sich in uns festgesetzt hat, durch eine Verhaltensweise, durch Sichtweisen oder Denkstrukturen. So wie wir denken, fühlen und handeln, wird es sehr wahrscheinlich sein, dass uns das Problem immer und immer wieder besuchen kommen wird.
Und dann gibt es diesen Wandel, von dem ich oben sprach. Das Menschen anfangen, es als ihre Aufgabe zu begreifen. Eine Aufgabe fühlt sich anders an, als ein Problem. Wenn uns jemand sagt: "Wir wollen dieses Fest vorbereiten." dann ist auch das Arbeit und Aufwand, aber wir erleben es eher als etwas, was wir tun wollen. Wir geben uns hinein, weil wir dieses Fest wollen. Das Fest ist etwas schönes und dahin wollen wir arbeiten, dass es sich realisiert.
So ist es auch, wenn Probleme zu Aufgaben werden. Dann wollen wir etwas erreichen. Etwas in uns will nun. Und das mobilisiert viele Kräfte. Das Gegenteil ist der Fall, wenn wir es als Problem begreifen, dann gibt es viele Kräfte, die etwas nicht wollen, die sich sträuben und es loswerden wollen.
Es ist auch eine Frage der Strategie. Oft genug nutzen wir zur Problemlösung Strategien, die nicht zum Erfolg führen. Dann ärgern wir uns monatelang über eine persönliche Einschränkung, anstatt einfach mal anzufangen, etwas dazuzulernen und sich für etwas Neues zu öffnen. Wenn wir hier klarer sehen, was zu Erfolg führen wird, dann ist es leichter, die Situation so anzunehmen und aus einem Problem eine Aufgabe zu machen.
Wenn man nun Aufgaben wirklich bewältigt, dann stärkt das auch unser Selbstvertrauen, es beim nächsten Problem wieder genauso anzugehen und auch hier erfolgreich zu sein.
Wenn es wirklich darum geht, dass wir uns engagieren müssen, um ein Problem dauerhaft zu lösen, dann ist es sehr hilfreich, etwas als Aufgabe zu begreifen, die man bewältigen möchte.
-- Fred
29.01.2014 :: Stigmatisierung als Ursache für sozialer Phobien
Stigmatisierungen in irgend einer Form gehören zu den Lebenserfahrungen vieler Menschen. Die Gefahr, dass es einen erwischt, ist immer dann gegeben, wenn man irgendwie von einer Masse abweicht.
Körperliche Abweichungen sind eine weit verbreitete Ursache für Stigmatisierungen und ich möchte sie hier beispielhaft aufgreifen. Ob nun zu dick, zu dünn, zu groß, zu klein oder irgendwelche körperlichen Auffälligkeiten - alles eignet sich dazu, zur Zielscheibe von Angriffen, Beschämungen oder Belustigungen anderer zu werden. Viele machen hier auch die Erfahrung, das Kinder gnadenlos gegen andere Kinder sein können, wenn durch Erwachsene zu wenig ein gutes soziales Klima aktiv gefördert wird. Vielleicht ist es aber auch nur so, dass bei Kindern solche Tendenzen spontaner und unmittelbarer erlebbar sind, wo bei Erwachsenen eher hinter vorgehaltener Hand gelästert wird.
Stigmatisierungen führen zu dem Gefühl: "So, wie ich bin, bin ich nicht in Ordnung." Sie wirkt also als direkte Selbstentwertung und dadurch entstehen Minderwertigkeitsgefühle. Besonders als Kind kann man oft nicht dieses Verständnis entwickeln, dass nicht ich es bin, der falsch ist, sondern das ich lediglich in einem Umfeld bin, was mich im Moment aufgrund irgendwelcher Besonderheiten ablehnt oder entwertet.
Doch dieser Schritt ist später bei der Aufarbeitung wichtig. Zu erkennen, wie man Opfer eines intoleranten und engen Umfeldes wurde, was sich durch die Abwertung Anderer selbst aufwertet. Die Aufarbeitung ist wichtig, um einerseits ein neues Selbstbild zu entwickeln und seine Selbstentwertung aufzulösen. Und um andererseits auch robuster gegenüber Entwertungstendenzen zu werden. Anfällig ist man vor allem dann, wenn Angriffe direkt am Selbstwertgefühl nagen. Wenn man Angriffe als eine Unfähigkeit zur Einfühlung des anderen versteht, entsteht eine völlig neue Situation, in der der eigene Selbstwert nicht angegriffen werden kann.
Stigmatisierungen sitzen nach meiner Erfahrung in unseren Selbsthilfegruppen sehr fest. Über viele Jahre haben sie sich im Bewusstsein festgesetzt und Strukturen ausgeprägt, wie man denkt, fühlt, erlebt und bewertet. Diese alten Wunden sind so zu einem selbstverständlichen Teil der eigenen Persönlichkeit geworden und meist auch verkapselt in vielen Abwehr- und Vermeidungsmechanismen.
Gleichzeitig liegt hier ein sehr großes Veränderungspotenzial, weil eben viele dieser Erlebnisse und Denkstrukturen aufgearbeitet werden können und man in kleinen Schritten ein neues Selbst-Bewusstsein entwickeln. Im wörtlichen Sinne: Das Selbst begreift sich nochmal neu und bereinigt die Irrtümer in der Selbst-Bewertung. Das führt zu einem neuen Selbst-Bezug, in dem sich alte Minderwertigkeitsgefühle auflösen.
Denn schlussendlich ist man es selber, warum man sich minderwertig fühlt. Der Irrtum, der in einem Fuß gefasst hat, kann nur aufrechterhalten werden, weil man tief davon überzeugt ist, dass er wahr ist. Es ist ein falscher Glaube über sich selbst und über die anderen. Dieser Irrtum kann aber aufgelöst werden, in dem man ernsthaft und mutig auf die Suche geht, was wirklich ist.
Was könnte einen in diesem Sinne noch bedrohen, wenn man nicht mehr an seine Minderwertigkeit glaubt? Wir können es nicht immer verhindern, das Menschen sich über uns lustig machen. Aber Menschen können uns nie dazu bringen, uns minderwertig zu fühlen, wenn wir nicht mehr daran glauben. Wenn wir es einfach als eine Schwäche an Einfühlungsvermögen des anderen begreifen.
Solch eine Veränderung konfrontiert uns natürlich auch mit zentralen Fragen unseres Weltbildes. Kann es sowas wie Minderwertigkeit von Menschen überhaupt geben? Hat der Wert eines Menschen etwas mit seinem Äußeren oder seiner Herkunft zu tun? Ist ein Mensch weniger wert, weil er etwas Bestimmtes nicht gut kann? Hängt der Wert und die Würde eines Menschen überhaupt an irgendwelchen Bedingungen? Oder ist jeder Mensch bedingungslos wertvoll?
Hier sind es die humanistischen Therapieformen, die einem gute Antworten liefern können. Und hier sieht man auch mal wieder, das Therapie mehr ist, als ein paar Verhaltensmuster zu verändern. Es geht auch um ganz grundlegende Sichtweisen auf die Welt, um Werte und bestimmende Prinzipien, nach denen man leben möchte. Es geht um Erkenntnisse, die man entwickelt und als wahr erkannt hat und die eine neue Sicht auf die Welt etablieren.
Wie befreiend, wenn man irgendwann erkannt hat:
Es war alles nur ein großer Irrtum!
-- Fred
18.01.2014 :: Filmclub
Im letzten Quartal 2013 starteten wir mit einer neuen Idee: Der Sopha Filmclub. Ziel ist es, neben den normalen Gruppen auch ein förderliches Freizeitangebot zu haben. Die Selbsthilfegruppen sind ja eher zur Problembewältigung und für persönliches Wachstum gedacht, haben also eine gewisse Arbeitsatmosphäre. Bei sozialen Ängsten spielt aber auch die andere Seite eine wichtige Rolle: Mit anderen in einer ungezwungenen und entspannten Atmosphäre gemeinsam Freizeitaktivitäten nachzugehen. Es geht uns ja auch um die Förderung von sozialen Kontakten und den Aufbau eines sozialen Umfeldes. Denn viele Betroffene haben nur einen sehr kleinen Freundeskreis, mitunter fehlt er ganz. Und es ist ja bekannt, dass eine wesentliche Säule für psychische Gesundheit ein gutes soziales Netz ist, in dem man sich eingebunden fühlt.
Für den Filmclub haben wir uns einen Beamer angeschafft. Der Beamer war auch schon länger geplant, weil wir ihn für unsere Vortragsgruppe brauchen, in der wir regelmäßig Vorträge üben. Und auch in den Gesprächsgruppen, um dort immer mal wieder Vorträge zu halten. Und wenn man sich schon so ein teures Teil anschafft, dann macht es Sinn, das auch gut zu nutzen. An dieser Stelle wollen wir uns auch bei den Krankenkassen und der Stadt Dortmund bedanken, die uns durch Fördergelder diese Anschaffung ermöglicht haben.
Wir schauen gemeinsam Filme, auf die wir uns im Vorfeld geeinigt haben. Im Anschluss kann auch über den Film diskutiert werden. Es gibt hier auch viele Filme, die spannende Einblicke in innerpsychische Konflikte geben und über die man viel über sich lernen kann. Aber es geht nicht nur um so anspruchsvollen Stoff, jeder Film ist willkommen, wenn er auf genug Zuspruch stößt.
An so einem Abend ist auch Zeit, sich in einer lockeren Atmosphäre zu unterhalten und sich kennenzulernen.
Der Filmclub findet derzeit etwa alle 2-4 Wochen statt.
-- Fred
17.01.2014 :: Wir wachsen
Die letzten Monate ist die Offene Gruppe sehr gut besucht. Das führte dazu, dass wir im Oktober mal wieder an unserem Limit waren: Mehr als 16 Personen passen nicht in den Raum. So viele Menschen in einem Raum und das noch bei sozialen Ängsten, dass ist auch alles andere, als optimal. Wir haben auch die Vermutung, dass in den letzten Jahren immer dann Personen wieder absprangen, wenn es so voll wurde. So regulierte sich die Gruppe einerseits von selbst, das führte dann aber vermutlich dazu, dass gerade die besonders Betroffenen sich in der Gruppe so unwohl fühlten, dass sie nicht mehr kamen.
Wir kamen im Oktober auf die Idee, die Offene Gruppe in 2 kleinere Gruppe aufzuteilen. Diese Möglichkeit hatten wir, weil in der Kontaktstelle ein zweiter Raum zur Verfügung stand. Und auch die Frage nach einem weiteren Moderator war schnell geklärt - die wollte ein Gruppenmitglied gerne übernehmen.
Wir waren gespannt, wie sich die neue Situation weiter entwickeln würde. War es früher so, dass wir nie mehr als 16 wurden, so stieg die Anzahl jetzt auf über 20 Personen an. Beim letzten mal waren wir sogar 23. Durch die Gruppenteilung sind wir pro Gruppe aber nur 11-12 Personen. Mit so einer Gruppengröße arbeitet es sich recht gut und das ist auch mit der Raumgröße stimmig.
Anfangs versuchten wir noch, die Teilgruppen nach der Pause wieder zusammenzuführen. Es ist nämlich auch eine unschöne Situation, dass man nun von einigen, die man kennt, nicht mehr viel mitbekommt, weil sie in der jeweils anderen Gruppe sind. Nach der Pause hatte man so nochmal die Möglichkeit, auch die anderen zu sehen und in einen gemeinsamen Austausch zu kommen. Das klappte jetzt allerdings nicht mehr, weil wir mittlerweile definitiv zu groß sind, um noch in einen Raum zu passen. Wir denken uns gerade weitere Dinge aus, um den Kontakt zwischen beiden Gruppen zu fördern. Natürlich hat jeder auch die Möglichkeit, mal in der einen oder anderen Gruppe zu sein.
Wir sind gespannt, wie sich dieses neue Konzept bewährt und was uns noch an Ideen kommt, um einen guten Rahmen zu schaffen, wo sich alle wohlfühlen und die Bedürfnisse möglichst gut berücksichtigt werden. Und wo auch der Kontakt zwischen den Teilgruppen gefördert wird.
-- Fred
01.01.14 :: Gutes neues Jahr
Wir wünschen euch allen ein Gutes neues Jahr 2014! Mögen sich ein paar Wünsche und Ideen erfüllen, die euch ein Stück weiter voranbringen, hin zu einem guten Leben. Möge das gelingen, was ihr euch vorgenommen habt.
<< Archiv 2014 Quartal 2 | AktuellArchiv | Archiv 2013 Quartal 4 >>